Anerkennung

Die Anerkennung hochschulisch erworbener Kompetenzen ist eine wesentliche Voraussetzung für die qualitative und quantitative Verbesserung von Mobilität und ein Beitrag zu flexiblen Lernpfaden von Studierenden.

In der Praxis bedeutet Anerkennung, dass die anerkennende Hochschule die an einer anderen Hochschule bzw. in einem anderen Studiengang erbrachten Leistungen so behandelt, als wären sie an der eigenen Hochschule bzw. im gleichen Studiengang erbracht worden.

Definition

Anerkennung an Hochschulen bezieht sich auf Kompetenzen, Qualifikationen oder Leistungen, die an Hochschulen erbracht wurden und mit dem Ziel der Fortsetzung des Studiums in einem anderen Studiengang oder an einer anderen Hochschule anerkannt werden. Die Anerkennung kann sich dabei auf einzelne Module oder ganze Abschlüsse beziehen. Grundlage für die Anerkennung in Deutschland ist die Lissabon-Konvention, die die Prüfung hinsichtlich eines wesentlichen Unterschieds im Kompetenzerwerb in den Mittelpunkt stellt und Anerkennung als Regelfall betrachtet sowie die jeweiligen Landeshochschulgesetze.

Anerkennungsprüfung

Über die Anerkennung wird entschieden, indem man die Kompetenzen, die woanders erworben wurden, mit denen vergleicht, die innerhalb des eigenen Studiengangs erforderlich sind. Im Mittelpunkt des Vergleichs steht die Frage, ob ein wesentlicher Unterschied zwischen den erworbenen und den zu erwerbenden Kompetenzen besteht. Grundlage für die kompetenzorientierte Anerkennung sind – neben der Qualität der Einrichtung, an der die Qualifikation erworben wurde – die Lernergebnisse, die an einer anderen Hochschule oder in einem anderen Studiengang erreicht wurden.

Damit sich die Anerkennung auf die Lernergebnisse beziehen kann, ist eine kompetenzorientierte Beschreibung der Qualifikationsziele und Module notwendig. Daher ist für eine qualitative Verbesserung der An­er­ken­nungs­ver­fahr­en ein Augenmerk auf die Studiengangsentwicklung wichtig.

Rechtliche Grundlagen

Die wichtigste Grundlage für die Anerkennung sind die Regelungen in den Hochschulgesetzen der Bundesländer. Die anerkennungsrelevanten Regelungen basieren im Kern auf der Lissabon-Konvention. Sie ist das prägende Dokument für die akademische Anerkennung von hochschulisch erworbenen Kompetenzen. Das „Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“, die sogenannte Lissabon-Konvention, wurde 1997 unter der Schirmherrschaft von Europarat und UNESCO ausgearbeitet, in Deutschland im Jahr 2007 ratifiziert und am 16.5.2007 in ein Bundesgesetz, das „Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. April 1997 über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“, überführt.

Die Lissabon-Konvention enthält verbindliche Regelungen hinsichtlich der Anerkennung von Qualifikationen, die einen Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen, der Anerkennung von Studienzeiten und der Anerkennung von abgeschlossenen Hochschulqualifikationen. Die wesentlichen Prinzipien der Lissabon-Konvention sind:

  1. Beweislastumkehr: Die Beweislast liegt bei der Hochschule, die zu beweisen hat, dass die im Ausland erbrachten Leistungen aufgrund eines wesentlichen Unterschieds nicht anerkannt werden können.
  2. Wesentlicher Unterschied: Die Anerkennung kann nur dann verweigert werden, wenn wesentliche Unterschiede identifiziert werden. Bewertungsgrundlage sind die erworbenen Kompetenzen.
  3. Begründungspflicht der Ablehnung und Widerspruchsrecht: Eine Ablehnung der Anerkennung ist begründungspflichtig. Wenn die Anerkennung versagt wird, steht dem Antragsteller ein Widerspruchsrecht zu. Außerdem muss ein etabliertes Widerspruchsverfahren vorhanden sein.
  4. Diskriminierungsverbot: Die Bewertung einer Qualifikation erfolgt ohne Rücksicht auf bestimmte Merkmale des Antragstellers.
  5. Transparenzgebot: Die Verfahren und Kriterien für die Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen müssen durchschaubar, einheitlich und zuverlässig sein.
  6. Vorhandensein angemessener Informationen: Um eine angemessene Bewertung vornehmen zu können, müssen ausreichend Informationen über die ausländische Qualifikation verfügbar sein. Ihre Bereitstellung ist die Aufgabe des Antragstellers. Die qualifikationsausstellende Einrichtung hat hierfür auf Ersuchen und innerhalb angemessener Frist eine entsprechende Informationspflicht gegenüber dem Antragsteller oder der Institution, bei der die Anerkennung beantragt wird.
  7. Angemessene Frist: Anerkennungsentscheidungen müssen in einer im Voraus festgelegten angemessenen Frist getroffen werden.

Für Staaten, die die Lissabon-Konvention nicht ratifiziert haben, gelten frühere Übereinkommen und Konventionen (sofern sie im jeweilig betreffenden Staat ratifiziert wurden). Es ist hervorzuheben, dass günstigere Bestimmungen anderer Abkommen oder Vereinbarungen (z.B. staatliche bilaterale Äquivalenzabkommen) durch die Lissabon-Konvention nicht beeinträchtigt werden.

Die Hochschulgesetze der Bundesländer geben den Hochschulen in der Regel vor, die An­er­ken­nungs­ver­fahr­en in ihren (Rahmen-) Prüfungsordnungen zu regeln. Sie sind daher für die einzelne Hochschule von großer Bedeutung für die Anerkennung.

Häufige Fragen zur Anerkennung

Antworten auf weiterführende Fragen zu den Themen: rechtlicher und regulatorischer Rahmen, inhaltliche Entscheidung/Bewertungskriterien, Beurteilung bei unzureichender Informationslage, Teilanerkennung, Fachsemestereinstufung, Beweislastumkehr und Mitwirkungspflicht, Widerspruchsverfahren, Leistungspunkte (Credits), nicht bestandene Prüfungsleistungen, Noten/Benotung, Learning Agreements und Transcripts of Records, Fristen, Dokumentation, Akkreditierung, Mehrfachverwertung von Leistungen, Obergrenzen, Sonstiges.

Dokumente

Arbeitshilfen

Praktische Hinweise zur Umsetzung von Anerkennung in Hochschulen finden Sie in den FAQ sowie in folgenden Publikationen, die im Projekt nexus erstellt wurden:

Literatur

  • Aichner, Regina: Europäische Transparenz- und Anerkennungsinstrumente: Welchen Beitrag leisten sie für die Qualitätssicherung? In: AQ Austria – Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria. Qualitätskultur – Ein Blick in die gelebte Praxis der Hochschulen. Beiträge zur 4. AQ Austria Jahrestagung 2016. Wien, S.113-123.
  • Bergan, Sjur: Die Lissabonner Konvention und ihre praktische Umsetzung In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 2.1
  • Bollaert, Lucien: Eignet sich die Europäische Qualitätssicherung zur Anerkennung von (beruflichen) Qualifikationen? In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 5.3
  • Davies, Howard: Der Bologna-Prozess und die Anerkennung beruflicher Qualifikationen In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 5.1
  • Fuhrmann, Michaela; Musil, Andreas: Anerkennung von in- und ausländischen Studien- und Prüfungsleistungen – auf dem Weg nach Lissabon In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 4.4
  • Gröblinghoff, Florian; Kösler, Ariane; Tauch, Christian: Die Anerkennung im Ausland erbrachter Studien- und Prüfungsleistungen im Geiste der Lissabon-Konvention, Eine praktische Einführung In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 4.1
  • Hochschulforum Digitalisierung, Themengruppe Curriculum Design & Qualitätsentwicklung: Anerkennung, Anrechnung und Zertifizierung von digitalen Lehr- und Lernangeboten, Arbeitspapier Nr. 8., 2016
  • Kasparovsky, Heinz: Anerkennung von Hochschulabschlüssen auf der Grundlage der Lissabon-Konvention In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 1.2
  • Kohler, Jürgen: Anerkennung im Studium – Thematische Grundlagen In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 1.1
  • Morgenroth, Carsten: Wesentlicher Unterschied oder „der Sache nach erbracht“ – neue Entwicklungen zur Anerkennung von Prüfungsleistungen an staatlichen Hochschulen In: Der Öffentliche Dienst (DÖD) 7-8/2018
  • Rampelt, F., Niedermeier, H., Röwert, R., Wallor, L., Berthold, C.: Digital anerkannt. Möglichkeiten und Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung von in MOOCs erworbenen Kompetenzen., Arbeitspapier Nr. 34 (2. Auflage). Hochschulforum Digitalisierung, Berlin, 2018
  • Schwarz, Sonja: Anerkennung im Ausland erbrachter Studienleistungen in der Hochschulpraxis In: Handbuch Qualität in Studium und Lehre, G 4.2

Links

  • Anabin (Die Datenbank der ZAB stellt Informationen zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise bereit)
  • Deutsches ENIC/NARIC (Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) im Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland)
  • EAR-Project (European Area of Recognition)
  • ENIC/NARIC-Netzwerk (Informationsstellen der EU-Staaten und der Staaten des Europarats sowie der UNESCO für Anerkennungsfragen; ENIC: European National Information Centre, NARIC: National Academic Recognition Information Centre)
  • Lissabon-Ausschuss (Ausschuss des Europarates, der die Implementation der Lissabon-Konvention überwacht und fördert. Herausgabe diverser erläuternder Berichte und Empfehlungen zur Konvention)
  • nuffic (niederländische ENIC/NARIC): Beschreibung von Bildungssystemen, Länderprofile und Überblick über schulische und akademische Abschlüsse weltweit
  • Spotlight-Project der EUA (Beteiligung der HRK)

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