Kompetenzorientierung
Kompetenzorientierung markiert im Kontext der Bologna-Reform einen bedeutenden Wandel von traditionellen Lehrmethoden hin zu einem studierendenzentrierten Lernen – vom Input zum (Learning) Outcome. Eine Kompetenz ist die Verknüpfung von Wissen und Handlungsfähigkeit in einem spezifischen Kontext. Für Anerkennung und Anrechnung sind Kompetenzen wichtig, da sie (in Form von Lernergebnissen) die zu prüfende Grundlage bilden. Bei der Formulierung von Lernergebnissen (etwa in Modulbeschreibungen) und bei ihrer Einschätzung (etwa in Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren) helfen Lernzieltaxonomien.
Beim Inhalt dieser Seite handelt es sich um eine gekürzte und abgewandelte Form des Kapitels 4 des MODUS-Praxishandbuchs zur Anerkennung und Anrechnung (S. 72 ff.).
Seitenübersicht:

Definitionen
Kompetenzen
Eine Kompetenz ist die Verknüpfung von Wissen und Handlungsfähigkeit in einem spezifischen Kontext. Die am häufigsten zitierte Definition des Kompetenzbegriffs stammt vom Bildungsforscher Franz E. Weinert: „Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ (zit. n. Schaper et al. 2012, S. 14)
Lernergebnisse (Learning Outcomes)
Lernergebnisse sind „Aussagen darüber, was ein Lernender weiß, versteht und in der Lage ist zu tun, nachdem er einen Lernprozess abgeschlossen hat.“ (Rat der Europäischen Union 2017) Somit sind Lernergebnisse die Verbalisierung von Kompetenzen in der Gestalt von konkreten Resultaten am Ende eines Lernprozesses.
Der Kompetenzbegriff
Kompetenzorientierung im Kontext der Bologna-Reform bedeutete für die Hochschullandschaft in Deutschland und im Europäischen Hochschulraum einen Wandel von traditionellen Lehrmethoden hin zu einem stärker lernorientierten Ansatz. Dieser Wandel wird auch oft als „Shift from Teaching to Learning“ bezeichnet, der die Entwicklung von Kompetenzen anstelle der reinen Wissensvermittlung betont: „Lehren wird neu kontextuiert und neu durch das Lernen hindurch gedacht. Aufgabe der Lehrenden ist es, Lehren auf Lernen zu beziehen, das heißt ‚lernförderlich zu gestalten‘“ (Wildt 2007, S. 3). Der Fokus liegt somit nicht auf dem „Input“ – auf den Lehrinhalten, die ein/eine Lehrende:r vermitteln möchte –, sondern auf dem „Outcome“ – auf den Lernergebnissen der Studierenden am Ende eines Lernprozesses (vgl. Gröblinghoff 2015, S. 2). In den Vordergrund rückte damit ein „studierendenzentriertes Lernen“ („student-centred learning“, Leuven-Kommuniqué 2009, S. 1).
Es gibt keine allgemeingültige Definition des Begriffs „Kompetenz“, vielmehr je nach Kontext und (Bildungs-)Zusammenhang unterschiedliche Auffassungen desselben. Es scheint allerdings Konsens darüber zu herrschen, dass Kompetenz nicht bloß ein Wissen von etwas ist, sondern auch mit einer „Befähigung zum Handeln in entsprechenden Anforderungssituationen“ (Schaper et al. 2012, S. 8) einhergeht. Somit ist eine Kompetenz die Verknüpfung von Wissen und Handlungsfähigkeit in einem spezifischen Kontext.
Da Kompetenzen in diesem Sinne höchst kontextspezifisch sind – anders etwa als die „Intelligenz“ – können sie erlernt, das heißt durch Erfahrungen in bestimmten Kontexten und damit verbundenen Aufgaben gesammelt werden (vgl. Schaper et al. 2012, S. 15). Daher spielen sie in der schulischen, beruflichen und hochschulischen Bildung eine zentrale Rolle.
Die am häufigsten zitierte Definition des Kompetenzbegriffs stammt vom Bildungsforscher Franz E. Weinert:
„Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ (zit. n. Schaper et al. 2012, S. 14)
Kompetenzen und Lernergebnisse im Kontext von Anerkennung und Anrechnung
Kompetenzen in Form von Lernergebnissen sind die zu prüfende Grundlage für die Anerkennung erbrachter Studienleistungen und die Anrechnung außerhochschulisch angeeigneter Kompetenzen. Lernergebnisse sind „Aussagen darüber, was ein Lernender weiß, versteht und in der Lage ist zu tun, nachdem er einen Lernprozess abgeschlossen hat.“ (Rat der Europäischen Union 2017) Somit sind Lernergebnisse die Verbalisierung von Kompetenzen in der Gestalt von konkreten Resultaten am Ende eines Lernprozesses.
Sowohl bei der Anerkennung als auch bei der Anrechnung werden die mitgebrachten Lernergebnisse mit den zu erzielenden Lernergebnissen verglichen. Nach dem Prinzip des wesentlichen Unterschieds wird bei der Anerkennung in erster Linie geprüft, ob die mitgebrachten Lernergebnisse im Vergleich zu den zu erzielenden Lernergebnissen wesentliche Unterschiede aufweisen. Bei der Anrechnungsprüfung hingegen wird geprüft, ob diese einander entsprechen, konkret, ob sie gleichwertig oder äquivalent sind.
Die zu erzielenden Lernergebnisse, die in den Modulbeschreibungen beschrieben werden, stellen somit die zentrale Grundlage von inhaltlichen Anerkennungs- und Anrechnungsprüfungen dar. Je lernergebnisorientierter die Modulbeschreibungen verfasst sind, desto einfacher kann die Anerkennungs- oder Anrechnungsprüfung erfolgen.
Auch der Anerkennungs- und Anrechnungsgrad ist abhängig von der Formulierung der Lernergebnisse in den Modulbeschreibungen: Je großzügiger man die zu erzielenden Lernergebnisse in den Modulen beschreibt, desto einfacher kann eine Anerkennung oder Anrechnung erfolgen.
Lernzieltaxonomien
Die zu erzielenden Lernergebnisse werden meist anhand von Deskriptoren im Rahmen einer Lernzieltaxonomie beschrieben (Lernzieltaxonomie mit Beispielverben). Eine Lernzieltaxonomie ist
„ein Bezugssystem zur Klassifizierung von Aussagen darüber, was [Lernende] am Ende eines Lernprozesses in welcher Tiefe und Breite beherrschen sollen. Je höher die [Niveaustufe], desto höher die Anforderung an die Lernenden und desto abstrakter die inhaltlichen Anforderungen.“ (Gröblinghoff 2015, S. 4).
Die bekannteste Lernzieltaxonomie ist die kognitive Taxonomie nach Bloom et al. (1956). Erweitert wurde sie durch Anderson et al. (2001). Die Niveaustufen werden hier mithilfe von Verben beschrieben, die eine Lernaktivität beinhalten und dabei helfen, „Lernergebnisse auf den unterschiedlichen Stufen aktivisch zu beschreiben“ (Gröblinghoff 2015, S. 4).
Lernergebnisse werden sowohl auf Lerneinheitsebene (Lehrveranstaltungen, Module) als auch auf Studiengangsebene formuliert (vgl. Europäische Kommission 2015, S. 23–25).
Bei der inhaltlichen Prüfung von Anerkennungs- und Anrechnungsanträgen können Lernzieltaxonomien sowie Qualifikationsrahmen als wertvolle Instrumente dienen. Diese bieten klare Strukturen und Kategorien, definieren die zu erzielenden Lernergebnisse und erleichtern dadurch deren Einstufung.
Literatur
- Anderson, Lorin W. et al. (2001): A Taxonomy for Learning, Teaching, and Assessing. A Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman.
- Bloom, Benjamin S. et al. (1956): Taxonomy of Educational Objectives. The Classification of Educational Goals. Handbook 1: Cognitive Domain. New York: David McKay Company.
- Gröblinghoff, Florian (2015): nexus impulse für die Praxis Nr. 2: Lernergebnisse praktisch formulieren. 2. Ausgabe. Bonn: Hochschulrektorenkonferenz, Projekt nexus.
- Leuven-Kommuniqué (2009): The Bologna Process 2020 – The European Higher Education Area in the New Decade. Kommuniqué der Konferenz der für die Hochschulen zuständigen europäischen Ministerinnen und Minister vom 28. und 29.4.2009. Leuven/Louvain-la-Neuve.
- Rat der Europäischen Union (2017): Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2017 über den Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen und zur Aufhebung der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (2017/C 189/03).
- Schaper, Niclas et al. (2012): Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre. Bonn: Hochschulrektorenkonferenz, Projekt nexus.
- Wildt, Johannes (2007): „Vom Lehren zum Lernen. Zum Wandel der Lernkultur in modularisierten Studienstrukturen“. In: Brigitte Berendt et al. (Hrsg.): Neues Handbuch Hochschullehre, A 3.1. Berlin: Raabe, S. 1–14.