Kompetenzorientierte Studiengangsentwicklung
Die kompetenzorientierte Studiengangsentwicklung ist ein wesentliches Element bei der Umsetzung der europäischen Studienreform in den Hochschulen. Sie kann durch klare Definition von Kompetenzen und die präzise Formulierung von angestrebten Lernergebnissen in Modulbeschreibungen Anerkennung und Anrechnung für die Studierenden und die Lehrenden erleichtern. Sie schafft zudem Transparenz und Nachvollziehbarkeit über die zu vermittelnden Kompetenzen.
Dieser Text stammt (in leicht abgewandelter Form) aus dem Praxishandbuch Anerkennung und Anrechnung an Hochschulen, Kapitel 4, S. 78 ff.

Praxishandbuch
Im Sinne der Kompetenzorientierung sollten Studiengänge „rückwärts“ bzw. „von hinten“ gedacht werden. Man spricht auch vom „Backward Design“ (vgl. Ruschin 2021, S. 371). Damit ist gemeint, dass zuerst die Qualifikationsziele definiert werden sollten: auf der Ebene des Studiengangs und dann entsprechend spezifischer auf der Modul- und Lehrveranstaltungsebene.
Qualifikationsziele beschreiben jene Kompetenzen, die nicht nur am Ende eines Lernprozesses erreicht werden, sondern die im Rahmen einer ganzen Qualifikation, beispielsweise in einem gesamten Studiengang, erlangt werden (Studiengangsziele). Dabei sollten sich die Qualifikationsziele der nachfolgenden Ebenen jeweils an den bereits vorangehenden Qualifikationszielen orientieren. Diese sollten auch die jeweilige Kompetenzentwicklung bzw. aufeinander aufbauende Kompetenzen berücksichtigen. Im Sinne des Constructive Alignment ist eine Verbindung von dem erwarteten Lernergebnis, der Lehrmethode und der Prüfungsform sinnvoll.
Constructive Alignment
Das Modell des Constructive Alignment, das von John Biggs (Biggs, Tang 2011) entwickelt wurde, beinhaltet die Abstimmung von Lernergebnissen, Lehr- und Lernmethoden und Prüfungsformaten. Es unterstützt einerseits die Lehrenden bei der Lehrplanung, Durchführung und Evaluation ihrer Module und bietet andererseits den Studierenden einen Orientierungsrahmen.

Beim Constructive Alignment stehen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:
- Welche zu erzielenden Lernergebnisse bzw. Lernziele werden in der Lehrveranstaltung erwartet?
- Durch welches Prüfungsformat können die Lernziele abgefragt werden?
- Welche Lehr- und Lernmethoden sowie Lernaktivitäten werden eingesetzt, um die Lernziele zu erreichen?
In der Begründung zur 2024 novellierten Musterrechtsverordnung (MRVO) nach dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag wird u. a. darauf hingewiesen, dass „[b]ei der Begutachtung des jeweiligen Studienkonzepts [...] auch die ‚Prüfungsformen‘ einbezogen [werden], um dem Prinzip der Gestaltung der Prüfung anhand der angestrebten Lernergebnisse und daraufhin der Gestaltung der Lehrveranstaltung (Constructive Alignment) Rechnung zu tragen.“ (KMK 2024, S. 20 der Begründung)
Literatur
- Biggs, John; Tang, Catherine (2011): Teaching for Quality Learning at University. What the Student Does, 4. Auflage. Maidenhead: Open University Press.
- Kultusministerkonferenz (KMK) (2024): Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1–4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21.11.2024.
- Leibniz-Institut für Wissensmedien (o. D.): Constructive Alignment.
- Ruschin, Sylvia (2021): „Expertenaustausch auf Augenhöhe. Beitrag der Hochschuldidaktik zur Curriculumentwicklung“. In: Robert Kordts-Freudinger et al. (Hrsg.): Handbuch Hochschuldidaktik. Bielefeld: wbv Publikation.
- Wildt, Johannes; Wildt, Beatrix (2011): „Lernprozessorientiertes Prüfen im ‚Constructive Alignment‘. Ein Beitrag zur Förderung der Qualität von Hochschulbildung durch eine Weiterentwicklung des Prüfungssystems“. In: Brigitte Berendt et al. (Hrsg.): Neues Handbuch Hochschullehre, H 6.1. Berlin: Raabe, S. 1–46.