Anrechnung
Die Anrechnung von außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen auf das Hochschulstudium fördert ein durchlässiges Bildungssystem und trägt zu individuellen, flexiblen Lernwegen bei. Anrechnung bietet vor allem nicht-traditionellen Studierenden, die vor dem Studium beispielweise Berufsausbildungen absolviert und berufliche Erfahrungen erlangt haben, die Möglichkeit, ihr Studium zu verkürzen und es mit der eigenen Lebensgestaltung in Einklang zu bringen.
Kerngedanke der Anrechnung ist, dass bereits erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich mit einer hochschulischen Leistung decken, als solche akzeptiert werden. Die anrechnende Hochschule behandelt also die andernorts erlangte Leistung so, als wäre sie an der eigenen Hochschule erbracht worden.
Beim Inhalt dieser Seite handelt es sich um eine gekürzte und leicht abgewandelte Form des Kapitels 3 des MODUS-Praxishandbuchs zur Anerkennung und Anrechnung (S. 43 ff.).
Seitenübersicht:

Definition
Der Begriff der Anrechnung bezieht sich auf außerhochschulisch erworbene Kompetenzen, beispielsweise im Rahmen einer Berufsausbildung oder während der Berufsausübung, die auf ein Studium angerechnet werden. Anrechnung fördert Durchlässigkeit im Bildungssystem und flexible Lernwege.
Rechtlicher Rahmen der Anrechnung
Orientierungsrahmen
Für die Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen existiert keine übergeordnete nationale rechtliche Regelung. Als Orientierungsrahmen dienen mehrere Beschlüsse und Vorgaben der KMK (KMK-Beschlüsse zur Anrechnung von 2002 und 2008) und des Akkreditierungsrates. Sie enthalten folgende grundlegende Vereinbarungen:
- Die Hochschulen sind angehalten, die Option der Anrechnung anzubieten und entsprechende Verfahren und Kriterien zu entwickeln.
- Die Hochschulen entscheiden über die Anrechnung.
- Individuelle und pauschale Anrechnung sind möglich, wenn
- die Antragsteller:innen die Voraussetzungen für den Hochschulzugang erfüllen,
- die Kompetenzen der Antragsteller:innen nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums, der ersetzt werden soll, gleichwertig sind und
- die qualitativ-inhaltlichen Anrechnungskriterien im Rahmen der Akkreditierung überprüft werden.
- Die Höchstgrenze der Anrechnung wird bei 50 Prozent festgesetzt, das heißt, höchstens die Hälfte der zu erwerbenden ECTS-Punkte eines Studiengangs können durch Anrechnung ersetzt werden.
Hochschulgesetze der Länder
Die Umsetzung der genannten Vorgaben variiert in den Hochschulgesetzen der jeweiligen Bundesländer. Dies wird bereits bei der unterschiedlichen Nutzung der Begriffe Anerkennung und Anrechnung deutlich, die nicht einheitlich für hochschulisch bzw. außerhochschulisch erworbene Kompetenzen verwendet werden. Ausschlaggebend für die Interpretation der landesrechtlichen Vorgaben ist die Art der beschriebenen Kompetenz, Fähigkeiten oder Leistungen (hochschulisch gegenüber außerhochschulisch), nicht der verwendete Terminus (Anerkennung gegenüber Anrechnung). Die Hochschulgesetze machen in der Regel die folgenden Vorgaben:
- Die Hochschulen aller Länder sind verpflichtet, Regelungen zur Anrechnung zu finden und diese in ihren (Rahmen-)Prüfungsordnungen zu verankern.
- Alle Arten außerhochschulisch erworbener Kompetenzen können angerechnet werden.
- Als Prüfkriterium der Anrechnung wird die Gleichwertigkeit festgelegt (Ausnahme Bremisches Hochschulgesetz § 56 (2): wesentlicher Unterschied).
- Höchstens 50 Prozent der in einem Studiengang zu erwerbenden ECTS-Punkte können durch die Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen ersetzt werden (Ausnahmen: Niedersächsisches Hochschulgesetz: kein maximaler Umfang festgelegt; Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen §63a (7): Abweichung von der 50 Prozent-Regelung in bestimmten Fällen möglich).
Eine Übersicht der für Anerkennung und Anrechnung relevanten Paragrafen finden Sie hier (Stand: 03/2025).
Da es sich bei Anrechnungen um Verwaltungsakte handelt, gelten für sie darüber hinaus die Anforderungen an Verwaltungsverfahren, die sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ergeben.
Anrechnungsverfahren
Die Gestaltung von Anrechnungsverfahren an Hochschulen zielt darauf ab, Anrechnungen rechtskonform, ressourcenschonend und transparent für alle Beteiligten durchführen zu können. Verfahren sollten folgende Anforderungen erfüllen:
- Rechtskonformität: Rechtliche Rahmenbedingungen werden eingehalten (Landeshochschulgesetz, Akkreditierungsvorgaben).
- Konsistenz und Reproduzierbarkeit: Hochschulspezifische Regelungen werden festgelegt, z. B. in einer Satzung und einer (Prüfungs-)Ordnung, um die Objektivität von Entscheidungen zu erhöhen.
- Effizienz: Klare Zuständigkeiten und Prozesse sind definiert, Arbeitshilfen und digitalisierte Verfahren werden eingesetzt.
- Transparenz und Nachvollziehbarkeit: Antragsteller:innen werden umfassend informiert und beraten, Verfahren werden übersichtlich dargestellt.
Anforderungen an Verfahren
Um konsistente und nachvollziehbare Anrechnungsentscheidungen zu gewährleisten, ist eine sorgsame Vorbereitung des Verfahrens bzw. der allgemeinen Prozessabläufe nötig. Dabei sollten mehrere, mit den beteiligten Stellen abgestimmte Schritte berücksichtigt werden und angemessene Instrumente zur Umsetzung gefunden werden:
- Allgemeingültige Regeln werden mit allen Beteiligten aufgestellt und verbindlich verankert.
- Die Regelungen sind für alle Akteur:innen transparent, verständlich und einfach zugänglich.
- Ablauf und Zuständigkeiten sind verbindlich und transparent geregelt.
- Die zuständigen Personen in der Hochschule sind geschult und haben Möglichkeiten zur Weiterbildung.
- Die für einen Antrag notwendigen Dokumente sind bekannt und entsprechende Vorlagen und Formulare vorhanden. Anträge sollten nicht formlos gestellt werden müssen.
- Einheitliche Arbeitshilfen für die handelnden Akteur:innen werden bereitgestellt.
- Die Qualitätssicherung der Verfahren wird durch eine geeignete Einrichtung sichergestellt, idealerweise durch die Einbindung in das hochschulische Qualitätsmanagement. Die Verfahren sollten regelmäßig überprüft und evaluiert werden, um rechtzeitig festzustellen, ob Verbesserungen nötig sind und ob sie noch den rechtlichen Vorgaben entsprechen.
Information und Beratung
Die Unterstützung der Antragsteller:innen während des gesamten Anrechnungsprozesses ist unerlässlich – nicht allein, um eine angemessene Würdigung vorhandener Kompetenzen der Studierenden und ggf. Studieninteressierten zu erreichen, sondern ebenso, weil gut informierte und beratene Antragsteller:innen zum reibungslosen und effizienten Ablauf des für sie durchaus anspruchsvollen Verfahrens beitragen. Zu optimaler Information und Beratung trägt zunächst die transparente Darstellung von grundsätzlichen Informationen und Dokumenten auf der Website der Hochschule an zentraler Stelle bei. Hierzu gehören z. B.:
- allgemeine Informationen zur Anrechnung
- Verfahren und Abläufe
- zuständige Stellen / Ansprechpersonen
- Auflistung der für einen Antrag notwendigen Dokumente und Bereitstellung von Vorlagen und Formularen
- Erklärungshilfen zum Ausfüllen eines Antrags (und ggf. des Portfolios)
- Erklärung des Vorgehens bei der Sichtbarmachung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen
Zudem sollten Interessierte vor der Antragstellung die Möglichkeit erhalten, durch geschultes Fachpersonal über ihre Möglichkeiten sowie die Anforderungen an die Antragstellung beraten zu werden. Die Etablierung eines/einer Anrechnungsbeauftragten, der/die häufig auch für die Beratung in Anrechnungsfragen zuständig ist, kann sinnvoll sein. Bei der Anrechnung außerhochschulisch erlangter Kompetenzen benötigen Antragsteller:innen insbesondere Unterstützung bei der angemessenen Sichtbarmachung ihrer vorhandenen Kompetenzen, was häufig über das sogenannte Portfolioverfahren geschieht. Darüber hinaus ermöglichen Informationsveranstaltungen zu Beginn des Semesters, eine große Anzahl von Studierenden über die Grundlagen der Anrechnung zu informieren und den Individualaufwand für Beratungen zu verringern.
Fristen und Verfahrensdauer
Für die Planung hochschulinterner Abläufe, aber auch für die der Antragsteller:innen, ist es sinnvoll, Fristen für die Dauer eines Anrechnungsverfahrens sowie teilweise für dessen einzelne Schritte festzulegen, beispielsweise im Rahmen einer Anrechnungssatzung oder -ordnung.
Bei der Festlegung hochschulinterner Fristen sollten mehrere Aspekte berücksichtigt werden. Ein Antrag auf Anrechnung kann in der Regel erst mit oder nach der Einschreibung gestellt werden (evtl. Ausnahme bei Einstufung in ein höheres Fachsemester zu Studienbeginn). Für die Einreichung von Anträgen innerhalb eines Semesters kann eine Frist gesetzt werden, zum Beispiel von acht Wochen vor Semesterbeginn, um die Bearbeitung von Anträgen bis zum Beginn der Vorlesungszeit gewährleisten zu können oder acht Wochen nach Semesterbeginn, um die Bearbeitung von Anträgen bis zum Beginn der Prüfungsphase gewährleisten zu können. Dies sollte jedoch keiner Ausschlussfrist gleichkommen: Anträge sollten Studierende auch in den Folgesemestern wieder stellen können. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass Studierende zu Beginn ihres Studiums oftmals noch nicht wissen, dass sie sich vorhandene Kompetenzen anrechnen lassen können. Da diese Kompetenzen nicht verfallen, sollte ihre Anrechnung auch im späteren Verlauf des Studiums möglich sein. Zum anderen können Kompetenzen auch während des Studiums in außerhochschulischen Kontexten erworben werden.
Es ist möglich, fristbezogene Regelungen für spezielle Fälle zu verankern. Diese beziehen sich beispielsweise auf die Prüfungswiederholung oder die Möglichkeit zur Notenverbesserung und wirken sich auf den spätestmöglichen Zeitpunkt einer Antragstellung aus. Ist der/die Antragsteller:in beispielsweise einmal in das Prüfungsverhältnis eingetreten, kann die Hochschule eine nachfolgende Anrechnung auf das entsprechende (Teil-)Modul ausschließen.
Wird bei der formalen Eingangsprüfung eines Antrags festgestellt, dass dieser nicht vollständig ist, sollte dem/der Antragsteller:in eine angemessene Frist zum Nachreichen der fehlenden Informationen und Dokumente gesetzt werden. Die Hochschule kann die eigene Bearbeitungsfrist für den Antrag entsprechend dieses Zeitraums verlängern.
Ist der/die Antragsteller:in nicht einverstanden mit dem Ergebnis des Anrechnungsverfahrens, kann in der Regel gemäß § 70 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.
Um Verzögerungen im weiteren Studium zu verhindern, sollte die Verfahrensdauer möglichst geringgehalten werden, das heißt, Anträge sollten generell innerhalb weniger Wochen bearbeitet und entschieden werden. Da es sich um einen Verwaltungsakt handelt, sind die Hochschulen darüber hinaus an die Vorgaben der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gebunden.
Instrumente in Anrechnungsverfahren
Zahlreiche Instrumente können zur Transparenz, Konsistenz und Vereinfachung von Anrechnungsverfahren beitragen. Hierzu gehören:
- Leitfäden und Handreichungen,
- Satzungen und Ordnungen,
- zentrale Anlaufstellen zur Erstinformation, die auf der Hochschul-Website einfach auffindbar sind,
- Hinweis auf die Informationsseite „AN! Anerkennung und Anrechnung im Studium“,
- Anerkennungs- und Anrechnungsbeauftragte, die für die Verbesserung von Verfahren zuständig sind und als Ansprechpartner:in für Mitarbeitende und Studierende dienen,
- Standardformulare, z. B. fakultätsübergreifende Antragsformulare,
- standardisierte Prozessabläufe,
- Checklisten für Mitarbeitende und Studierende,
- Websites,
- Datenbanken,
- Plattformen für Austausch, z. B. Einrichtung regelmäßig tagender hochschulinterner Arbeitsgruppen.
Individuelle Anrechnung
Bei individuellen Anrechnungen handelt sich um Einzelfallprüfungen und ‑entscheidungen. Hochschulen sind auf Grundlage ihres jeweiligen Landeshochschulgesetzes sowie den Vorgaben der KMK und des Akkreditierungsrates dazu verpflichtet, die Möglichkeit der individuellen Anrechnung zu gewährleisten.
Kompetenzen aus unterschiedlichen Bildungszusammenhängen und Lernkontexten, das heißt formal, non-formal und informell erworbene Kompetenzen, können individuell angerechnet werden. Dies greift nicht nur für Kenntnisse oder Qualifikationen aus dem beruflichen Kontext, sondern etwa auch für anderweitig außerhochschulisch erworbene Kompetenzen, z. B. aus ehrenamtlichen Tätigkeiten. Damit bieten individuelle Anrechnungsverfahren den Vorteil, persönlich relevante Lernerfahrungen und ‑wege zu berücksichtigen und zu würdigen.
Nachteil individueller Verfahren ist der vergleichsweise hohe Aufwand pro Fall sowohl für die antragstellende als auch die prüfende Person. Die prüfende Person benötigt eine gewisse Expertise in Bezug auf Kompetenzen, deren Sichtbarmachung und Bewertung und damit einhergehend Kenntnisse über Lernergebnisse, Qualifikationsrahmen, Lernzieltaxonomien etc.
Die Herausforderung für den/die Antragsteller:in besteht insbesondere darin, die anzurechnenden Kompetenzen nachzuweisen und angemessen sichtbar zu machen, um die Gleichwertigkeitsprüfung zu ermöglichen. Insbesondere die Darstellung non-formal und informell erworbener Kompetenzen birgt Schwierigkeiten, weil für sie in der Regel keine lernergebnisorientierten Beschreibungen oder schriftlichen Nachweise vorliegen. Portfolios sind ein geeignetes Instrument, das Studierenden ermöglicht, ihre Kompetenzen in Relation zu den Lernergebnissen der hochschulischen Module zu reflektieren und darzustellen mit dem Ziel, die Gleichwertigkeit der Lernergebnisse aus den unterschiedlichen Bildungsbereichen feststellbar zu machen. Mehr Informationen hierzu bietet das MODUS-Praxishandbuch ab S. 61.
Pauschale Anrechnung
Eine weitere Möglichkeit der Verfahrensgestaltung ist die Einrichtung pauschaler Anrechnungsverfahren. Hier wird im Gegensatz zur individuellen Anrechnung nicht der Einzelfall geprüft, sondern auf Basis vergangener Anrechnungsentscheidungen pauschal über wiederkehrende Anrechnungsanträge bestimmter Qualifikationen entschieden. Möchte eine Hochschule pauschale Anrechnungsverfahren implementieren, kann sie dies auf verschiedene Weise angehen: Pauschale Verfahren können in Zusammenarbeit der Hochschule mit nicht-hochschulischen Bildungsträgern oder basierend auf einer Gleichwertigkeitsprüfung auch ohne Kooperation an der Hochschule aufgebaut werden.
Mit Kooperationspartner: In diesem Fall vermittelt der Kooperationspartner (z. B. eine Fachschule, die IHK) verlässlich gleiche Lernergebnisse, die einmalig zu Beginn des pauschalen Verfahrens einer Gleichwertigkeitsprüfung unterzogen werden, sodass weitere Anträge pauschal beschieden werden können. In der Folge findet üblicherweise eine regelmäßige Abstimmung, mindestens aber eine Information über Änderungen, statt.
Ohne Kooperationspartner: Ein pauschales Verfahren kann auch eingerichtet werden, wenn mehrfach die gleichen formalen Lernprozesse nicht-hochschulischer Bildungsträger mit vergleichbaren Ergebnissen bewertet wurden und deswegen ab einer gewissen Fallzahl auch bei zukünftigen Vergleichen vom selben Ergebnis ausgegangen werden kann. Häufig wird dies für Personen angeboten, die eine bestimmte Berufsausbildung mit einem regulierten Lehrplan erfolgreich absolviert haben. Das pauschale Verfahren wird in diesem Fall erfahrungsbasiert eingeführt. Möglich ist daneben auch, dass gezielt ein systematischer Abgleich zwischen einem außerhochschulischen Bildungsgang und einem Studiengang inklusive einer Gleichwertigkeitsprüfung vorgenommen wird. Dies kann beispielsweise die Attraktivität eines Studiengangs für spezifisch Qualifizierte erhöhen.
In beiden Fällen ist regelmäßig und anlassbezogen zu überprüfen, ob sich die Lernergebnisse aus dem nicht-hochschulischen Bereich oder die hochschulischen Lernergebnisse so geändert haben, dass eine neue Bewertung notwendig ist.
Vorteile von pauschalen Verfahren sind, dass sie nach dem Erstaufwand den Prüfungsaufwand senken, da keine individuelle Gleichwertigkeitsprüfung stattfinden muss. Für (potenzielle) Antragsteller:innen ist das Ergebnis planbar, da das Ergebnis veröffentlicht und daher bereits bekannt ist. Daneben ist die pauschale Anrechnung für sie weniger aufwändig, da sie keine Kompetenzportfolios erstellen müssen. Nachteile von pauschalen Verfahren sind, dass der Erstaufwand für die Implementierung von pauschalen Anrechnungsverfahren sowie ggf. für den Aufbau und die Pflege von Kooperationen recht hoch ist. (vgl. HRK 2022, S. 55)
Da die Gleichwertigkeitsprüfung in diesen Fällen nicht Teil jedes einzelnen Anrechnungsverfahrens ist, sondern vor der Etablierung des pauschalen Anrechnungsverfahrens an der Hochschule stattfindet, muss auch ohne Einzelfallprüfung gewährleistet sein, dass Gleichwertigkeit zwischen den außerhochschulischen und hochschulischen Lernergebnissen vorliegt. Daher sollten die Lernergebnisse, die im Rahmen der pauschalen Anrechnung berücksichtigt werden, zertifiziert sein. Dies ist beispielsweise bei anerkannten Ausbildungs- oder Fortbildungsabschlüssen der Fall. Da eine solche Zertifizierung für gewöhnlich nicht für non-formal oder informell erworbene Kompetenzen vorliegt, können in der Regel nur formal erworbene Kompetenzen pauschal angerechnet werden.
Die von MODUS in Auftrag gegebene Studie „Entwicklung, Wirkungsweisen und Potenziale pauschaler Anrechnungsverfahren“ des CHE Centrum für Hochschulentwicklung beleuchtet pauschale Anrechnungsverfahren an deutschen Hochschulen und bietet praktische Umsetzungshinweise.
Anrechnungsprüfung
Die Voraussetzung für die Anrechnung von Kompetenzen auf Module im Studium ist, dass Gleichwertigkeit zwischen den außerhochschulisch erzielten und den hochschulisch zu erzielenden Lernergebnissen besteht. Um diese festzustellen, wird ein systematischer Vergleich (Gleichwertigkeitsprüfung oder Äquivalenzvergleich) von festgelegten Lernergebnissen eines hochschulischen Studiengangs mit Lernergebnissen aus unterschiedlichen außerhochschulischen Kontexten und Bildungsbereichen vorgenommen. Das Vorgehen verläuft je nach Anrechnungsverfahren (individuell, pauschal, kombiniert) unterschiedlich. Die Herausforderung liegt darin, relevante Informationen mit Ursprung in mindestens zwei unterschiedlichen (Bildungs-)Systemen zu generieren, einzuschätzen und zu nutzen.
Zuständigkeiten
Grundsätzlich gilt, dass Anrechnungsprüfungen von fachlich qualifizierten Personen durchgeführt werden sollten, die die Lerninhalte des betreffenden Moduls hinreichend kennen und einschätzen können, um eine fachgerechte Beurteilung gewährleisten zu können. In der Regel sind dies Mitglieder der Prüfungsausschüsse, die diese Aufgabe auch delegieren können, beispielsweise an Lehrende des Fachgebiets, Modulverantwortliche oder spezifische Anrechnungsbeauftragte des Studiengangs.
Informationsgrundlage
Im Anrechnungsverfahren liegt die Beweislast bei der antragstellenden Person, die die Nachweise vorzulegen hat, die für eine qualitätsgesicherte Anrechnungsentscheidung notwendig sind. Hochschulen sollten ausreichende Hilfestellung, z. B. bei der Auswahl geeigneter Nachweise, leisten. Je nach Art des Kompetenzerwerbs kommen unterschiedliche geeignete Nachweise als Informationsgrundlage für die Gleichwertigkeitsprüfung in Frage:
- formal erworbene Kompetenzen (z. B. in geregelten Aus- und Fortbildungen)
- Abschluss- und Prüfungszeugnisse
- Ausbildungsverordnungen
- Rahmenstoffpläne
- Curricula
- non-formal erworbene Kompetenzen (z. B. Weiterbildungen)
- Zertifikate, Zeugnisse
- Curricula, Kursbeschreibungen, Lehrpläne
- authentische Dokumente aus dem Lernzusammenhang (z. B. Prüfungen, Lehrbücher, Abschlussarbeiten)
- informell erworbene Kompetenzen (z. B. Arbeitserfahrung, ehrenamtliche Tätigkeiten)
- Beurteilungen, Arbeitszeugnisse, Kompetenzbescheinigungen des Arbeitsgebers oder eines Vereinsvorstands
- Stellenbeschreibungen
- bei selbstständigen Tätigkeiten: z. B. Arbeitsproben, Patente, Publikationen, Vorträge
Prüfung der Gleichwertigkeit/Äquivalenz
Die Gleichwertigkeit (Äquivalenz), die im Mittelpunkt der Anrechnungsprüfung steht, setzt laut dem KMK-Anrechnungsbeschluss von 2002 sowohl eine inhaltliche Übereinstimmung als auch ein vergleichbares Niveau von Lernergebnissen aus unterschiedlichen Bildungskontexten voraus. Gleichwertigkeit bedeutet nicht Gleichartigkeit (Identität). Während Letztere eine einhundertprozentige Übereinstimmung verlangt, sind bei der Gleichwertigkeit Unterschiede zulässig. Daher ist es eine Möglichkeit, vorab einen Deckungsgrad (z. B. 75 Prozent) zu definieren.
Bei erfolgter Anrechnung sollte gewährleistet sein, dass den Studierenden keine Grundlagen für die im weiteren Studienverlauf zu absolvierenden Module fehlen. Die qualitätsgesicherte Prüfung der Gleichwertigkeit im Anrechnungsverfahren ist dementsprechend von großer Relevanz. Folgende Fragen können bei der Entscheidungsfindung helfen:
- Kann der/die Studierende nach der Anrechnung erfolgreich weiterstudieren?
- Erfüllt der/die Studierende noch die Qualifikationsziele des Studiengangs?
Detaillierte Erläuterungen der Prüfkriterien finden Sie im „Praxishandbuch Anerkennung und Anrechnung an Hochschulen“ ab S. 67.
Literatur
- Kultusministerkonferenz (KMK) (2002): Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (I). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.6.2002.
- Kultusministerkonferenz (KMK) (2008): Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (II). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.9.2008.
- Hochschulrektorenkonferenz (HRK) (2022): Anerkennung und Anrechnung: Herausforderungen und Perspektiven. Ergebnisse aus der Zukunftswerkstatt Qualitätskriterien. Berlin, Bonn: Hochschulrektorenkonferenz, Projekt MODUS.
Schnelleinstieg
Web-Seminare
Gestaltung von Anrechnungsverfahren
Von der individuellen zur pauschalen Anrechnung
Toolbox
Checkliste pauschale Anrechnung
Leitfaden zur Gestaltung von rechtlichen Ordnungen und Satzungen