„Anerkennung und Anrechnung: Qualitätskriterien für die Praxis“

31. Mai und 01. Juni 2022 in Berlin

Die Anerkennung hochschulischer und die Anrechnung außerhochschulischer Kompetenzen bilden Grundpfeiler flexibler Studienpfade sowie des Lebenslangen Lernens. Dabei muss die Qualität der Entscheidungen gesichert sein. Doch welche Kriterien müssen die beteiligten Akteur:innen in der Praxis beachten? Wie können sie eine wertschätzende Kultur der Anerkennung und Anrechnung etablieren? Antworten auf diese und weitere Fragen erarbeitete die Zukunftswerkstatt „Qualitätskriterien“ des Projekts MODUS. Deren Ergebnisse wurden am 31. Mai und 01. Juni 2022 in Berlin gut 150 Teilnehmenden auf der Konferenz „Anerkennung und Anrechnung: Qualitätskriterien für die Praxis“ präsentiert und mit ihnen diskutiert.

In unterschiedlichen Beitragsformaten hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich über die fünf Handlungsfelder der Anerkennungs- und Anrechnungspraxis – Kultur, Mobilität, Durchlässigkeit, Qualitätsentwicklung sowie Verfahren – zu informieren und in einen Austausch über Herausforderungen sowie Perspektiven zu treten. Prof. Oliver Günther, HRK-Vizepräsident für Governance, Lehre und Studium, eröffnete die Veranstaltung mit der Zielsetzung, dass die Hochschulen gemeinsam mit Bund, Ländern und außerhochschulischen Institutionen die Anerkennungs- und Anrechnungspraxis in Deutschland in beide Richtungen verbessern. Er hob die jüngst verabschiedete Entschließung der HRK-Mitgliederversammlung „Anerkennung und Anrechnung an Hochschulen“ hervor, die dazu beitragen soll und sprach den Anwesenden expliziten Dank für Ihr Engagement zur Erreichung dieses Ziels aus. Ministerialdirigent Peter Greisler vom Bundesministerium für Bildung und Forschung betonte in seiner Begrüßung die Notwendigkeit eines Kulturwandels, „der viele Jahre und einen langen Atem braucht.“ Dabei zeigte er sich optimistisch: „Ich bin froh, dass die HRK diesen langen Atem hatte und hat und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Änderungen erreichen und wir haben auch schon viel erreicht.“

Kultur in allen Verfahren mitdenken

Prof. Dr. Mechthild Dreyer, Vorsitzende der Zukunftswerkstatt, sowie Tilman Dörr, MODUS-Projektleiter, stellten die erarbeiteten Qualitätskriterien für die Praxis vor. Dreyer hob hervor, dass „Anerkennungs- und Anrechnungspraxis in der Tiefe nur funktioniert, wenn die unterschiedlichen Akteursgruppen eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten.“ Zudem müsse Anerkennungs- und Anrechnungskultur im gesamten Bereich des Studiums und der Lehre in allen Verfahren gelebt werden.

In zwei Keynotes beleuchteten die Sprecher wesentliche Grundsätze der Qualitätskriterien: Zunächst erläuterte Prof. Dr. Dr. Oliver Reis das Konzept der heterogenitätssensiblen Hochschule und wies unter anderem auf einen Habituskonflikt als hochschuldidaktische Herausforderung hin. So müsse die heterogenitätssensible Hochschule den Studierenden etwa nicht mehr nur die Möglichkeit geben, den gegenwärtigen akademischen Habitus zu integrieren, sondern umgekehrt auch stärker auf die Studierenden zugehen und sich auf deren Habitus einstellen.

Prof. Reinhard Bachmann beschäftigte sich in seiner Keynote mit der Frage, wie Vertrauen im Hochschulsektor gebildet werden kann. Vertrauen beschrieb Bachmann als Handlungskoordinationsmechanismus, der Ungewissheit reduziert und spezifische Annahmen erlaubt. Gleichzeitig seien für Vertrauen immer Wissen und Verständnis für die Position sowie Funktion des anderen vonnöten, etwa im Austausch zwischen Lehrenden und wissenschaftlichen Administrator:innen. Der Bolognaprozess biete einen solchen vertrauensstiftenden Rahmen.

Mobilität und Durchlässigkeit durch Flexibilisierung und Kulturwandel

In einer Gesprächsrunde diskutierten Prof. Dr. Eva-Maria Feichtner (Universität Bremen), Julia Flasdick (DIHK), Prof. Dr. Hans Klaus (Fachhochschule Kiel) sowie Prof. Dr. Anne Lequy (Hochschule Magdeburg-Stendal) die These, dass Mobilität und Durchlässigkeit nur durch Flexibilisierung und Kulturwandel zu erreichen seien. Lequy stellte dabei heraus, dass Hochschulen und insbesondere Lehrende Offenheit und Toleranz für anders verlaufende Wege des Kompetenzerwerbs zeigen müssen, um Durchlässigkeit zu gewährleisten. Für Klaus stellte unter anderem der intensive Fachaustausch einen Schlüssel zum Kulturwandel dar. Zudem plädierte er für das Prinzip der Organizing Diversity, das Unterschiede anerkenne, statt vollständige Vereinheitlichungen anzustreben.

Im Laufe der Konferenz boten außerdem vier Diskussionsforen den Interessierten die Möglichkeit, sich anhand von Praxisbeispielen eingehend über Good Practices im Bereich der Mobilitäts- und Durchlässigkeitsförderung zu informieren. Im Rahmen eines World Cafés konnten die Teilnehmenden zudem in einen intensiven Austausch über die einzelnen Handlungsfelder der Anerkennung und Anrechnung treten. Die Beteiligten diskutierten in Kleingruppen über unterschiedliche Fragen zu den Themen Kultur, Mobilität, Durchlässigkeit und Qualitätsentwicklung.

Zum Abschluss der Konferenz sprachen Prof. Dr. Susanne Meyer (HWR Berlin), Prof. Dr. Ursula Regener (Universität Regensburg), Prof. Dr. Axel Benning (FH Bielefeld), Dott. Francesco Ducatelli (TU Braunschweig) sowie Ann-Catrin Gras (Bundesfachschaftenkonferenz der Wirtschaftswissenschaften) in einer Podiumsdiskussion über die Umsetzung der Qualitätskriterien und den Arbeitsauftrag für die einzelnen hochschulischen Akteur:innen. Ein besonderer Fokus entwickelte sich in der Diskussion hinsichtlich der Rolle der Studierenden: So forderte Gras von den Hochschulen, die Studierendenperspektive stärker in den Blick zu nehmen und umfangreiche Schulungen für alle an den Prozessen Beteiligten anzubieten. Meyer unterstrich die Relevanz der Handlungsfelder Kultur und Durchlässigkeit: „Es ist Teil des Kulturwandels, den wir benötigen, dass wir sagen, wir sind Teil einer durchlässigen Hochschule.”


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